Jan Börner Countertenor

Formulare statt Noten.

In den letzten Wochen und Monaten hat der Solothurner Jan Börner immer wieder statt zu Notenblättern zu greifen und an seiner Stimme zu arbeiten über Formularen gebrütet und Eingaben gemacht, um seinen Verdienstausfall zu mildern. Ein aufreibender Prozess für Kunstschaffende mit dem Ergebnis, dass nur ein Bruchteil des Einkommens von abgesagten Engagements durch den Bund vergütet werden kann. Ausserdem sei es bei monatelanger Berufsabstinenz ohne Zeit­­horizont und Ziel nicht ganz einfach, täglich diszipliniert die Stimme zu trainieren, beschreibt der 36-jährige Countertenor seine momentane Situa­­tion.

Ein musikalisches Talent hatte sich bei Jan Börner schon in jungen Jahren manifestiert. Bereits mit fünf Jahren ermöglichten ihm seine aus deutschlands Osten in die Schweiz emigrierten Eltern Klavierunterricht, später kam auch privater Gesangsunterricht dazu. Als Neunjähriger durfte er in den Chor der Solothurner Singknaben eintreten. Während der Kanti wagte sich Jan Börner dann an die Königin der Instrumente, die Orgel. Der obligatorische Cembalounterricht während des Gesangsstudiums in Basel rundet das Können des Sängers an den Tasteninstrumenten ab. Den obligatorischen Blockflötenunterricht hingegen hatte der kleine Jan nie besucht, davon wurde er dispensiert. 2009 erhielt der damals 25-Jährige eine Auszeichnung des AZEIGER Kulturförderpreises. Weitere Preise folgten.

Traumberuf Countertenor?
Nun, es ist nicht gerade gang und gäbe, dass der Berufswunsch eines jungen Mannes Countertenor ist. Aber Jan Börner hatte noch während des Stimmbruchs gemerkt, dass er immer noch über Stabilität in der hohen Falsett-Stimmlage verfügte, was im Rahmen der Stimmbildung bei den Solothurner Singknaben auch professionell begleitet wurde. Da die männliche Stimme auch weit nach dem Stimmbruch noch entwicklungsfähig ist, und sich daher die Stimmlage eines so jungen Sängers nicht einfach abschliessend definieren lässt, legte sich Jan Börner erst kurz vor Beginn seines Studiums für Gesang an der Schola Cantorum Basiliensis als Countertenor fest. Dass er während der Pubertät etwa gehänselt wurde für seine Stimmlage, daran könne er sich gar nicht recht erinnern. Auf alle Fälle habe ihm die Gemeinschaft der Solothurner Singknaben genügend Halt und Selbstvertrauen gegeben, um damit gut umgehen zu können.

Ausserdem gebe es diese Stimmlage nicht nur vornehmlich in der Barockmusik des 17. und 18. Jahrhunderts, merkt Jan Börner an. Tatsächlich infiltrierten in den 70er-Jahren Sänger wie etwa die Bee Gees oder Freddie Mercury, die Ohren der damaligen Jugend mit ihren hohen Stimmen und machten damit das Falsett populär.

Auch Kochen ist Kunst
Nicht, dass sich Jan Börner etwa gelangweilt hätte in seiner unfreiwillig auferlegten Bühnenabstinenz. Weil er sich gerne draussen in der Natur aufhält, dort auch Kraft und Entspannung findet, hat er die Ärmel hochgekrempelt und in seinem Zuhause in Hubersdorf den Garten neugestaltet. Dort steht er auch gerne in der Küche – für aufwändige 5-Gang-Menüs notabene. Oder er braust auf seiner Suzuki Bandit 600 über Land und übt sich dabei in Konzentration, wie er sagt.

Was bringt 2021?
Ein hoffnungsvoller Ausblick in die nahe Zukunft, Auftritte betreffend, hat sich seit den letzten Bundesrats­beschlüssen erneut zerschlagen. Ein bisschen Sonne scheint für den Countertenor Jan Börner trotz allem. «Freundliches Glücke, süßeste Liebe», heisst die CD, die im Mai erscheint. Viele Monate hat Jan Börner an seiner neuen CD gearbeitet, geschliffen, das Booklet liebevoll mitgestaltet. «Es ist sehr befriedigend trotz allem etwas in den Händen zu halten, etwas das den Freunden der Barockmusik Freude bereiten wird.» Eine weitere CD kommt ebenfalls bald auf den Markt. Bis dann fiebern ebendiese Freunde der Barockmusik sicherlich auch den Aufführungen im kommenden August auf der Bühne Waldegg entgegen. Da wird Jan Börner zu hören und zu sehen sein als Ottone in Claudio Monteverdis Werk «L’ incoronazione di Poppea». Auch im August tritt Jan Börner mit seinem Solo­projekt Solokantaten von J. S. Bach in Solothurn auf. Weitere Konzertdaten wie auch ein paar musikalische Pralinen finden sich auf der Website des Künstlers unter www.janboerner.ch. Lassen Sie sich diese Pralinen für Ihr Ohr nicht entgehen. Musik ist von allen Künsten die emotional unmittelbarste, die menschliche Stimme tragend.

Zu hoffen bleibt nun, dass Kulturschaffende uns wieder beglücken dürfen. Und dies bald! Kulturelle Teilhabe, sei es aktiv als Künstlerinnen und Künstler oder passiv als Empfangende, trägt massgeblich zum Wohl­befinden bei und es ist mehr als ein offenes Geheimnis, dass Wohlbefinden und Immunsystem korrelieren.

Maria Wüthrich, Schnottwil,
Anzeigerverband Bucheggberg-Wasseramt

 

 

 

 

 

 

 

«L’incoronazione di Poppea»
Claudio Monteverdi
Donnerstag, 12. August bis Freitag, 20. August 2021
Schloss Waldegg
Feldbrunnen-St. Niklaus

Weitere Informationen
www.janboerner.ch