Projekt «Rehkitzrettung mit Drohnen»

Rehkitzrettung mit Drohnen in den Bezirken Bucheggberg, Wasseramt und Leberberg 2021.

Die Eidgenössische Statistik spricht eine klare Sprache, denn im 2019 fielen in der Schweiz total 1787 Rehkitze landwirtschaftlichen Maschinen zum Opfer. Im Kanton Solothurn waren es im gleichen Zeitraum «lediglich» 48 Rehkitze, Dunkelziffer nicht eingerechnet. Grundsätzlich ist aber jedes getötete Kitz eines zu viel und oft ist es ein sehr qualvoller Tod.

Gute Verbreitung von Drohnen
Das Projekt «Rehkitzrettung mit Droh­nen» wurde vor sechs Jahren im Buch­eggberg gestartet. Ein Startup zweier junger Drohnenpiloten mit Wärmebildkamera hat die Dienstleistung angeboten. In enger Zusammenarbeit mit dem Solothurner Bauernverband und dem Hegering Buchegg­berg konn­te die neue Technik im Früh­­sommer 2016 erfolgreich getestet werden. Die teure Ausrüstung und die Ausbildung in der anspruchsvollen Technik haben sich als stark limitierender Faktor für die Verbreitung der Drohnen erwiesen. Doch mit Unterstützung durch Piloten des Drohnenverbands (www.drohnenverband.ch) konnte die Rehkitzrettung mit Drohnen in den letzten sechs Jahren schritt­weise ausgebaut werden. Profis aus dem Verband geben interessierten Anfängern Tipps für die Beschaffung der nötigen Ausrüstung und in deren Anwendung. Auch der noch junge Verein «Rehkitzrettung Schweiz» (www.rehkitzrettung.ch) und weitere Organisationen bieten Ausbildungen für angehende Drohnenpiloten an. Dadurch konnte das Angebot schrittweise auf die Bezirke Wasseramt und Leberberg ausgebaut werden. In diesem Jahr sind allein in den Bezirken Buch­eggberg, Wasseramt und Leberberg insgesamt acht Drohnenpiloten für die Rehkitzrettung im Einsatz, die Hälfte von ihnen aus der eigenen Jägerschaft. Inzwischen ist auch die Organisation gefestigt: Mit der Repla Espace Solothurn ist eine breit abgestützte Trägerschaft für das laufende Projekt vorhanden. Die Bewirtschafter sind über die landwirtschaftlichen Bezirksvereine gut eingebunden. Und die Jägerschaft in den Hegeringen Bucheggberg, Wasseramt und Leberberg hat die neue Technik erfolgreich in die tradi­tionellen Methoden der Rehkitzrettung integriert. Vereinzelte, individuelle Ansätze für die Rehkitzrettung mit Drohnen gibt es auch in anderen Bezirken. Aber es gibt auch noch viel Potenzial. Ziel von Revierjagd Solothurn und Solothurner Bauernverband ist denn auch die schrittweise Ausdehnung des koordinierten Angebots auf den ganzen Kanton Solothurn. Zurzeit laufen mit den kantonalen Behörden die Abklärungen für die nötige Unterstützung in den nächsten Jahren.

Schnell aber teuer
In etwa 30 Minuten lassen sich rund zwei Hektaren durch den Multikopter mit Wärmebildkamera absuchen, Anfahrt, Auspacken, Einrichten etc. eingerechnet. Bei grossen, zusammenhängenden Flächen kann diese Zeit sogar auf unter 10 Minuten pro Hek­tare verringert werden. Der Multikopter ist schnell, schont den Wiesenbestand und die menschlichen Kräfte, hat aber seinen Preis. So kosten Einsteigermodelle etwas über CHF 5000.–. Für das Abfliegen eines Feldes von zwei bis drei Hektaren entstehen Kosten von etwa CHF 100.–.

Grosser Einsatz der Jägerinnen und Jäger
Mitte Juni werden jetzt auch die Öko-Heumatten geschnitten. Somit ist jetzt nochmals ein intensiver Einsatz für die Rehkitzrettung nötig. Bis Ende Juni ist dann die Setzzeit der Rehe abgeschlossen, die bereits Mitte April begonnen hat. Auch die spät gesetzten Kitze sind dann soweit selbstständig, dass sie vor den Mähmaschinen selbstständig, flüchten können. In diesen Tagen sind deshalb in den Bezirken Bucheggberg, Wasseramt und Leberberg die Jagdvereine mit insgesamt acht Drohnenpiloten für die Rehkitzrettung im Einsatz. Aufgeboten werden sie durch die Landwirtinnen und Landwirte. Diese melden spätestens am Vorabend vor der Mad dem zuständigen Jagdleiter des Reviers die Parzellen, die am nächsten Morgen gemäht werden sollen. Der Jagdleiter bietet einen Drohnenpiloten auf. Noch am Vorabend «verblenden» Helfer aus dem Jagdverein die Parzellen mit kleinen Fahnen. Das verunsichert die Reh­geissen, die ihre Kitze aus der «verblendeten» Heumatte heraus in den nahen Wald führen. Und am nächsten Morgen, kurz nach Sonnenaufgang, wird die betreffende Heumatte mit der Wärmebildkamera abgeflogen. Die Körpertemperatur lässt Tiere als rote Punkte auf dem Display des Drohnenpiloten erscheinen. Jetzt kommen der Jagdleiter und seine Helfer zum Einsatz: Ist der rote Punkt ein Tier – ein Fuchs, Dachs, Reh oder eine Katze – das vor dem näherkommenden Helfer selbstständig, aus der Heuwiese flüchtet? Oder ist es ein frisch gesetztes Kitz, das sich in seinen ersten Lebenstagen noch reflexartig duckt und keinen Wank macht? In diesem Fall wird das Kitz geborgen und so vor dem Mähtod gerettet.

Roland Büttiker, Olten