GoodNews KW02/2021

Der gute Ton.

Neues Jahr, neue Gewohnheiten? Nicht in diesem Jahr. Mit neuen Gewohnheiten mussten wir uns schon 2020 zu Genüge herumschlagen. Wenn wir in den letzten Monaten etwas gelernt haben, dann, Veränderungen anzunehmen, umzusetzen und in unseren Alltag zu integrieren. Mehr noch: neue Routine zu etablieren. Aus gutem Grund. Denn es gibt kaum etwas, das uns mehr Geborgenheit und Zugehörigkeit verleiht, als Dinge, an die wir uns gewöhnt haben. Routinen, die wir immer wieder tun, alleine oder in der Gruppe. Traditionen, die sich fest in unserem Alltag verankern und uns mit Menschen verbinden. Gewohnheiten, die wir mit Leichtigkeit ausführen. Wie die digitale Kommunikation. Das haben wir seit der Pandemie gut hingekriegt. Dennoch vermissen wir auch vieles. Vielleicht sogar die eine oder andere schlechte Angewohnheit? Sicher nicht, denken Sie jetzt. Aber ich sag Ihnen, das Lästern im Homeoffice ist doch nicht mehr das, was es mal war. Da hat uns Corona und die Digitalisierung ganz schön dazwischengefunkt.
Oft unangenehm, meistens verletzend, dafür ziemlich unterhaltsam und informativ: Klatsch. Lästern gehört zum guten Ton. Kaum im Büro oder im Betrieb angekommen, werden nicht nur Dokumente und Laptop ausgepackt, sondern auch der neueste Tratsch. Dann wird über die Kollegin mit dem fragwürdigen Kleidungsstil, über den Kollegen, der immer zu spät kommt und über die Nachfolgerin, die sowieso nie gut genug sein wird, gelästert. Der Informationsfluss innerhalb eines Unternehmens, einer Behörde oder eines Vereins – auch Flurfunk genannt – funktioniert störungsfrei. Lästermäulern gehen nie die Themen aus. Übrigens: Wir lästern alle. Laut einer britische Studie sogar ganze 14 Prozent der täglichen Gesprächszeit. Allerdings stammt diese Erhebung aus der Zeit vor Corona, als die meisten noch analog im Büro sassen und zum Lästern auf den Gang gingen. Im Homeoffice ist es einsamer und ruhiger geworden. Und viele haben erkannt, dass Solidarität derzeit wichtiger ist, als digitaler Klatsch und Tratsch.

Simone Leitner Fischer